Abstract zur Arbeit von Anika Ziemba


Diese Arbeit beschäftigt sich mit dem formalen Prinzip koedukativen Unterrichtens in Schulen im deutschsprachigen Raum. Ziel ist es, herauszuarbeiten, inwieweit Hierarchien entlang der Achse Geschlecht durch die Institution Schule Vorschub geleistet wird und welche Konzepte dem entgegenzusetzen wären.
Zunächst gibt die Autorin einen Überblick über aktuelle Unterschiede in den Lebenssituationen von Menschen, die als Frauen* oder Männer* definiert werden. Hier zeigt sich, dass sich Frauen* sich häufiger in Abhängigkeitsverhältnissen, prekären und/oder schlechter bezahlten Lohnarbeitssituationen befinden, während Männer* ihre Lohnarbeitssituation nicht auf familiäre Vereinbarkeit ausrichten und insgesamt mehr Zeit für Lohnarbeit aufwenden. Darauf folgt eine historische Annäherung an die (Hinter-)Gründe einer flächendeckenden Einführung formaler Koedukation, diese folgte keinen pädagogischen sondern lediglich verwaltungstechnischen und damit finanziellen Überlegungen. Lehrpläne für Jungen* wurden unreflektiert auf alle ausgeweitet und damit gleiche Bildung für alle als umgesetzt betrachtet. Gesellschaftliche Vorstellungen von dem, was ein Junge*, was ein Mädchen* lernen, können und werden sollte, setzen sich jedoch bis heute fort und finden damit auch Niederschlag in institutioneller Bildung und den dort stattfindenden Interaktionen. Daraus ergibt sich ein Spannungsfeld, in dem deutlich wird, wie sehr die unzureichende und unreflektierte Bezugnahme auf geschlechtliche Sozialisation sich auf Lebensrealitäten und Handlungsspielräume auswirkt. Es zeigt sich beispielsweise, dass sich geschlechtsspezifische Interessen, Aufgabenverteilungen und Vereinbarkeitsfragen auch durch schulische Strukturen manifestieren und demnach problematisiert werden müssen. Dieses Spannungsfeld wird mithilfe des von West und Zimmerman entwickelten Konzepts des doing gender vertiefend aufgegriffen. Konkrete Settings und Organisationsformen, die geschlechtliche Vorstellungen zementieren werden analysiert und dem alternativen Konzept reflexiver Koedukation gegenübergestellt. Abschließend wird die aufgezeigte Entwicklung von Schule und Geschlechterstereotypen in einen gesamtgesellschaftlichen Kontext gestellt und kritisiert.